Warum eure Beziehung wie ein Garten ist – und was sie wirklich zum Blühen bringt

Ein Porträtfoto von Lucas Forstmeyer, einem Coach und Kursleiter. Er trägt eine Brille, einen Bart und hat seine Haare zu einem lockeren Dutt gebunden. Er trägt ein blaues Oberteil und schaut freundlich in die Kamera.
Lucas Forstmeyer

Wenn wir verliebt sind, sprechen wir plötzlich in Bildern.

Nicht, weil wir es gelernt hätten – sondern weil wir gar nicht anders können.

  • „Sie ist mein sicherer Hafen.“
  • „Er gibt mir Halt.“
  • „Wir sind wie Magnete.“

Auch im Schmerz greifen wir zu Metaphern:

  • „Es fühlt sich an wie Krieg.“
  • „Ich bin innerlich verdorrt.“
  • „Wir reden nur noch aneinander vorbei.“

Diese Bilder sind kraftvoll. Sie helfen uns, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Aber sie führen uns selten weiter.

In diesem Artikel möchte ich dir eine Metapher vorstellen, die mehr ist als ein Gefühl. Sie ist auch ein Wegweiser.

Was wäre, wenn eure Beziehung ein Garten wäre?

Eure Beziehung ist nicht nur das, was zwischen euch passiert. Sie ist wie ein drittes Wesen – mit eigenen Bedürfnissen, Rhythmen und Grenzen.

Sie muss gepflegt werden:

  • gewässert
  • gedüngt
  • manchmal auch vorsichtig zurückgeschnitten, damit sie wachsen kann.

Sie bringt ihre eigenen Herausforderungen mit – eine Ecke, in die keine Sonne kommt, vielleicht ein altes Thema, das ihr beide meidet.

Und sie wird beeinflusst durch äußere Umstände – etwa den Nachbarn mit dem riesigen Sonnensegel: Stress, Zeitmangel, Kinder, Krankheit, Herkunftsfamilien.

Euer Job als Paar ist es, gemeinsam herauszufinden, wie ihr eure Beziehung pflegen könnt – sodass ihr beide darin aufblühen könnt. Und sie auch.

Jeder Garten ist anders

Eine der wichtigsten Lernerfahrungen von Gärtner:innen ist: Jeder Garten braucht etwas anderes.

Ein sandiger Boden braucht Tonmineralien und organisches Material, damit er Wasser halten kann. Ein lehmiger Boden braucht das Gegenteil – mehr Durchlässigkeit, Luft und Struktur.

Wer das ignoriert und stur seine Lieblingspflege betreibt, schadet mehr, als er nützt. Als Gärtner musst du deinen Boden kennen – und deine Pflege daran anpassen.

In Beziehungen ist es genauso.

Tom und Lilly

Tom bringt einen extrem nährstoffreichen Boden mit.

In seinem Garten wächst alles schnell – Farben, Formen, Bewegung. Er liebt es, Bäume zurückzuschneiden, damit sie kraftvoll neu austreiben. Konflikte schrecken ihn nicht – sie gehören für ihn dazu. Lautstärke ist für ihn Ausdruck von Lebendigkeit. Sein Garten ist wild, üppig, manchmal chaotisch – aber voller Leben.

Lilly dagegen hat einen trockenen, sandigen Boden – fast wie ein Steingarten.

In ihrem Garten wachsen zarte Pflanzen mit feinen Farben. Sie liebt Struktur, Übersicht und langsames Wachstum. Rückschnitt macht sie vorsichtig – manchmal wartet sie lieber ab. Nach einem Streit braucht sie Zeit. Raum. Stille. Sie blüht auf durch kleine, liebevolle Gesten – nicht durch große Umbrüche.

Ein Garten - unterschiedliche Pflanzen und Böden

Der Beziehungs-Garten von Tom und Lilly ist herausgefordert. Denn ihre natürlichen Rhythmen, ihre „Böden“, ihre Pflegebedürfnisse sind verschieden.

Und: Man kann diese beiden Böden nicht einfach vermengen. Was bei einem gut gedeiht, verkümmert vielleicht beim anderen. Beide brauchen ihren eigenen Raum – und gegenseitige Achtsamkeit. Gesunde Beziehungen entstehen nicht dadurch, dass einer sich anpasst oder beide Kompromisse aushandeln, bis nichts mehr lebt.

Sondern dadurch, dass sie gemeinsam herausfinden:

  • Wo ist Platz für beide?
  • Welche Pflege braucht die eine Pflanze – und was würde der anderen schaden?
  • Wann braucht es Wasser, wann Rückzug?
  • Wie kann Nähe entstehen, ohne Übergriff?
  • Wie entsteht Ordnung, ohne Kälte?

Beziehungspflege heißt: Lernen, wie der andere blüht

Liebe allein reicht nicht. Wärme reicht nicht. Struktur reicht nicht.

Was es braucht, ist Verständnis. Und eine innere Haltung, die sagt: Ich will lernen, wie du funktionierst – nicht, um dich zu verändern, sondern um gut mit dir leben zu können.

Und ich lade dich ein, dasselbe bei mir zu tun. Das ist das Mindset von Beziehungs-Gärtnern und -Gärtnerinnen.

Ein Gärtner-Mindset ist nicht romantisch – sondern realistisch

Es ist ein Mindset, das anerkennt:

  • Menschen sind verschieden.
  • Nähe braucht Anpassung.
  • Wachstum ist nicht linear.
  • Kein Garten ist perfekt – aber jeder kann blühen, wenn man sich kümmert.

Beziehungsfähigkeit heißt nicht: „Ich bin gut im Streiten“ oder „Ich kann Nähe aushalten“.

Beziehungsfähigkeit heißt:

Ich lerne. Ich beobachte. Ich pflege. Ich frage nach. Ich korrigiere. Ich bleibe da.

Nicht perfekt. Aber präsent.